Rhein-Neckar-Zeitung vom 05.09.1997
Wie ist es eigentlich, wenn ein Ortsnachbar die klare Nummer 1 ist? Fragten wir uns auch – und fragten deshalb beim VfR Walldorf (Kreisliga A) und FC Sandhausen (Kreisliga B, Staffel I) nach.
DIE VEREINSGESCHICHTEN: Der VfR Walldorf wurde erst 1996 gegründet, schaffte innerhalb eines Jahres den Aufstieg. 77 Punkte, 106:24 Tore, nur eine Niederlage am vorletzten Spieltag in Mühlhausen (1:2), 156 Mitglieder. „Die Leute wollten sich eigenständig machen“, berichtet Harald Hambrecht, „waren die ständigen Querelen beim fusionierten FC Astoria leid.“ Sandhausen ist da schon traditionsreicher. Seit 1993 nimmt der Club am Spielbetrieb teil – zuletzt scheiterte man knapp am Aufstieg, 240 Mitglieder.
DIE MACHER: In Walldorf Jörg Gottwald und Andreas Müller. „Die beiden sind immer da, wenn sie gebraucht werden“, so Hambrecht, „bauen Stände auf, wieder ab, sind immer ansprechbereit. Sie zerreißen sich für den Verein.“ Nebenbei kickt der gesamte Vorstand. Gottwald (1. Vorsitzender), Müller (2. Vorsitzender), Martin Woche (Kassier), Thomas Willinger (Schriftführer), Frank Heinen (Jugendleiter) – sie sind alle entweder in der ersten oder zweiten Mannschaft aktiv. In Sandhausen ist Ralph Kirchhoff der Boss, schmeißt mit seinen Vorstandsmitgliedern den Laden.
DIE LEIDEN: Walldorf ist beim Duschen auf die Handballer der SG Astoria angewiesen. Obwohl bei den Fußballern „noch Kabinen frei sind“ (Hambrecht). Der VfR ist im Stadtrat nicht gerne gesehen. Trainieren mußten die Spieler manchmal in Altlußheim. Man hofft auf Abhilfe… Beim FC Sandhausen ist das Ehrenamt das Problem. „Der Verein stand im Frühjahr kurz vor der Auflösung“, sagt Kirchhoff, „wir setzten den Mitgliedern bei der Jahreshauptversammlung Anfang Juni das Messer auf die Brust: Wenn sich keine Helfer finden, wird es den FC Sandhausen nicht mehr geben.“ Und es fanden sich doch noch welche. Die Jugendlichkeit des Vereins („75 Prozent der Mitglieder sind zwischen 20 und 30“ – Kirchhoff) wurde ihm fast zum Verhängnis.
DIE FREUDEN: In Walldorf freut man sich immer auf das Fest nach dem Spiel. Vereinsgaststätte ist der „Stern“, der „erste Sponsor“ (Hambrecht). Und die Fangemeinde wird größer. Bei Heimspielen sind’s 100 Neugierige, auswärts fahren – immerhin – 25 Leute mit. In Sandhausen, wo man auch dem großen Bruder SV „die Daumen drückt“ (Kirchhoff), freut man sich auf den Nachwuchs. Mit dem VfR wird in der B-Jugend kooperiert. Überhaupt verbindet den VfR Walldorf mit dem FC Sandhausen mehr als man denkt. „Es wurde sogar eine Fusion angefacht“, sagte Kirchhoff. Somit bleiben beide Clubs bestehen, über die Harald Hambrecht sagt: „Es ist das Außergewöhnlichste, das ich je erlebt habe.“